Treppe ins Ungewisse Theaterstück über Euthanasie und Zwangssterilisation in der NS-Zeit |
"Dies hier ist eine Suche nach Antworten. Auch eine Suche nach Fragen. Letztlich eine Suche nach Worten. Nach Verben, Adjektiven. Nach Subjekten und Objekten. Nach Tätern und Opfern", sagt die Staatsanwältin in "Treppe ins Ungewisse". Denn sie versucht gemeinsam mit ihrem Assistenten, eine oft vergessene Gräuel während der NS-Zeit aufzurollen: die Ermordung und Zwangssterilisation von zahllosen Menschen in Psychiatrien. Die Staatsanwältin ringt um die richtigen Formulierungen. Denn wie soll man etwas in Worte fassen, das letztlich so dermaßen unfassbar erscheint? Wie umgehen mit den Zeugenaussagen, die den Horror der Menschen beschreiben, die bereits vor Kriegsausbruch vergast, verstümmelt und verbrannt worden sind? Und wie soll man mit den Ärzten umgehen, die tausende von Menschen quasi zum Tode verurteilt und die Hinrichtung selbst durchgeführt haben? Im August 1939 erteilte Hitler den mündlichen Geheimbefehl die Tötung von erwachsenen Geisteskranken, die in Heil- und Pflegeanstalten untergebracht waren, in allen Einzelheiten vorzubereiten und durchzuführen. Die Aktion sollte möglichst umfassend sein, denn nach Hitlers verblendeter Vorstellung von der Reinheit der Volksrasse waren geisteskranke Menschen minderwertige Ballastexistenzen ohne wirtschaftlichen Nutzen, die allesamt im Wege der Menschenauslese als lebensunwertes Leben vernichtet werden sollten. Ermordet wurden auch Menschen, die nicht in das Bild der damaligen Gesellschaft passten wie Homosexuelle. Oder Männer entledigten sich ihren Ehefrauen, in dem sie sie als geisteskrank einstufen ließen. Auch Aktivisten, die gegen das NS-Regime agierten, landeten oft in der Psychiatrie, wo sie dann ermordert worden sind. Zwischen 1933 und 1945 fielen über 200.000 Menschen der Euthanasie-Aktion zum Opfer. Die beteiligten Ärzte sind teilweise zu geringen Freiheitsstrafen verurteilt, frei gesprochen oder begnadigt worde. Das Theaterstück "Treppe ins Ungewissen" holt die Auseinandersetzung mit diesem in der Öffentlichkeit viel zu wenig beachteten Thema auf die Bühne. Auf Grundlage von Zeitzeugenberichten, Gerichtsurteilen und historischen Studien ist ein Stück entstanden, das versucht, das Unsagbare auszusprechen: Menschen wurden verstümmelt und ermordet, weil sie "störten". Sie wurden als überflüssig, als unnötige finanzielle Belastung angesehen. Sie waren eine Gefahr für die Reinheit der deutschen "Rasse". "Also, die Treppe, die verfolgt mich. Die Treppe ins Ungewisse. Die Treppe, von der habe ich schon geträumt. Von der Treppe, die in den Keller geht. Zu den Gaskammern. Wenn Sie überlegen, da sind Busse rein und die Leute sind da raus und sind dann da durchgeschleust worden. Und dann in den Keller. Ich habe gedacht: Du lieber Gott!" Mit: Beate Reker und Johan Schüling. Text, Regie und Musik: Heiko Ostendorf Plakatmotiv: Bernd Arnold Bünker |
Pressestimmen:
"Es ist ein Theaterabend, der aufrüttelt, nachwirkt und mahnt... Heiko Ostendorfs Stück, verdeutlicht, wie wichtig es auch heute ist, aufmerksam und achtsam zu sein, gerade gegenüber dem Sprachgebrauch. Eine Stunde lang bieten die Künstler zum Leben erweckte Zeitgeschichte, rütteln auf, schockieren, berühren durch die Gedanken und Zeugenberichte. Ihnen gebührt große Anerkennung, dass und wie sie dieses Thema für die Bühne in Münster umgesetzt haben." Westfälische Nachrichten (Den kompletten Artikel finden Sie hier.) |
Mit bestem Dank für die Zusammenarbeit an den Arbeitsgemeinschaft Bund der „Euthanasie“-Geschädigten
und Zwangssterilisierten (AG-BEZ) und speziell an Margret Hamm.
Diese Produktion wird vom Kulturamt der Stadt Münster gefördert. In Kooperation mit: |